ÜBERSICHT RÄUME & ZEITEN GEDANKEN & DENKER MUSIK & SPIEL TUN & LASSEN SYSTEMATIK PROLOG ZUSAMMENSCHAU I. SYMPHONIE Einheit Dualität Ich II. SYMPHONIE Suchen
SEITEN VON THEODOR FREY
ÜBER GOTT WELT MENSCH
VOG
VOM OFFENEN GEHEIMNIS
ELEMENTE BEZIEHUNGEN BEWEGUNGEN GESTALTEN
Prolog DIE NULL
m Anfang liegt, was auch mich bedingt, liegt bereits was mich fragen lässt, warum ist überhaupt Etwas und nicht vielmehr Nichts. Diese Frage stellt „Alles“ in Frage, auch Zeit und Raum. Sie führt mich an die Grenze des Sagbaren. Darüber hinaus ist mein Sagen nichts, auch wenn ich es in Worte fassen möchte. An dieser Grenze trifft das Schweigen, das mir alles in Fülle zu sagen verspricht, auf mein Hören, das sich nur schweigend der Leere öffnen kann. Geschenkt wird mir aber das Hören der Frage nach dem was ist, dem „Etwas“. Meine erste Antwort ist dieses Geschenk stumm entgegenzunehmen. Das Unsagbare vom Sagbaren geschieden wird im Anfang. Aber was war vor dem Anfang? Warum überhaupt ein Anfang? Diese Fragen versuchen vermessen die Grenze zu überschreiten, doch allein, dass wir sie stellen können, zeigt die mögliche Größe unserer Art, die Großartigkeit, die uns Menschen geschenkt wurde. Aber muss nicht noch viel Größeres in dem Geheimnis liegen, das es uns ermöglicht, diese Fragen zu stellen? Seit dem Anfang wird Zeit und Raum im Sein gehalten, entfalten sich die Elemente in den Beziehungen zueinander, werden aus den Bewegungen jeden Augenblick neu die Gestalten. Auch wenn vor einem Anfang alles in sich vollkommen war, so war noch nicht das Werden des Anderen, war noch nicht die Freiheit im Geschaffenen, war noch nicht die Gestaltwerdung durch das Geschaffene. Erst das Werden bringt zur Entfaltung, was im Ruhenden immer war, bringt das Grenzenlose auch in das Erschaffene und damit auch zu uns. Werden wir mit dem Werden in Zeit und Raum in die gestaltwerdenden Möglichkeiten des Seins hinein entgrenzt und wird uns geschenkt, das Begrenzte ins Grenzenlose zu überschreiten? Werden wir aufgenommen in eine sich entfaltende Einheit. Entfaltet sich mit der Vielfalt des Seins auch das ganz „Andere“ selbst, das was schuf? Ist das Werden der Gestalt für uns so viel weiter als weit und zugleich uns so viel näher als nah, weiter und näher als wir meinen. Es ist die Zeit, wir versuchen sie zu fassen in den Zahlen. Es ist der Raum, wir versuchen ihn zu umgreifen im Maß der Symbole. Die Verbundenheit von Zeit und Raum findet sich gespiegelt in Zahlensymbolen. Mit ihnen lassen sich die Elemente des Seins bezeichnen. Ihre Beziehungen zueinander geben die Möglichkeit das Sein zu ordnen, ihre Zuordnungen in der Zeit zeigen uns die Bewegungen im Werden zu den Gestalten.
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Ist der Anfang, den wir kennen, der Einzige? Ist unser Universum das Einzige? Ist unsere Welt die Einzige? Ist die Welt überhaupt in seiner Gestalt auch nur annähert für uns zu fassen? ist alles nur ein winziger Aspekt des Unbegrenten?
Leibnitz fragte 1714 „warum es eher Etwas als Nichts gibt.“ Die Frage ergab sich aus der Annahme, dass nichts ohne zureichenden Grund geschaffen wurde, dass nichts ohne Ursache geschieht. Leibnitz sah den letzten Grund, dass die Welt da ist und so da ist, wie sie ist, in Gott. Schelling nannte diesen fundamentalen Grund „das Absolute“. Paul Natorp führte 1920/21 aus: „Darin stecken alle Wunder, das Wunder aller Wunder, daß etwas überhaupt ‘ist‘. Heidegger, der ‚kurzsichtige Tiefdenker‘, brachte das reine Nichts als Gegenmöglichkeit des Seienden ins metaphysische Spiel. Die „Hineingehaltenheit in das Nichts“ ist der angstauslösende Faktor im Da-sein. Daran schließen sich für mich die Fragen an: Ist das was ist ein gesegnetes oder ein verfluchtes Geschenk? Und wer, und wie kann es uns zum Guten gereichen?
In vier Symphonien wage ich das Experiment. Sie werden komponiert aus den 3 Grundelementen: Einheit, Dualität, Ich. Diese werden 4-fach zueinander in Beziehung gesetzt, um sich damit 12- fach zu entfalten. Die 12-fache Entfaltung wird gespiegelt in 12 Seinsbereichen, um damit in 144 Themen aufzuscheinen. Das Ganze des Sagbaren wird gehalten im Unsagbaren, symbolisiert durch die Nichtzahl „O“, die als Prolog vor den Anfang, und der Nichtzahl „Unendlich“, die als Epilog nach dem Ende gesetzt wird. Die Gestalten, die sich zeigen, werden damit eingebunden in die gestaltlose Gestalt vor und nach dem Sein. Das Ganze ist als ein Gerüst, als ein Netzwerk, zu begreifen, das auch den Sonnenzyklus mit seinem 12- fachen Rhythmus der 12 Monate, die 2 x 12 Stunden des Tages und der Nacht, wie auch die Symbolzahl für das Unendliche, 144 (12 x 12), aufgreift. Die Gestalten sind durchdrungen vom Rhythmus, der die 3 mit der 4 verbindet. Aus diesen Zahlen ergibt sich multipliziert wiederum die Zahl 12, addiert die Zahl 7. Mit der 7 wird auch der Wochenrhythmus mit 7 Tagen, der Mondzyklus mit 4 x 7 Tagen (28 =1+2+3+4+5+6+7) und der Lebensrhythmus, mit dem jeweiligen Vielfachen von 7 in die Gestalten aufgenommen. 84 (3 x 28) kann dann als Symbolzahl für ein langes Erdenleben dienen. Die Struktur des Seins auf das Unsagbare hin zusammenzufügen, seine Elemente zu verknüpfen, das Zusammenwirken und die Verbundenheit von Allem zu Allem und zum Ganzen hin sichtbar zu machen, den Einklang, gleich einer Symphonie, empfindbar zu gestalten, ungewohnte und schmerzhafte Töne und Geräusche nicht auszusparen und unser beschränktes Mitwirken und Versagen einzubeziehen, dies ist der vermessene Weg.
Alle Verbundenheiten zu erkennen ist vermessen. Wir können sie nur in einzelnen Bereiche erfassen. Dabei gilt es aber nicht aus den Augen zu verlieren, dass auch die nichterkannten Beziehungen da sind und wirken.
Die Zusammenschau zeigt 12 konzentrische Kreise, die jeweils in 12 Kreisabschnitte eingeteilt sind. Aus dem innersten Kreis (Die Null „Vor dem Anfang“) treten auf jeder Kreisebene die Zahlen hervor, wobei auf jedem der 12 Kreisabschnitte die Zahlen auf die nächste Kreisschale gehoben werden, solange, bis die 12. Ebene, der äußerste Kreis (Das Unendliche „Nach dem Ende“), erreicht wird. Hier fallen die 12 Kreisabschnitte mit den 12 Kreisschalen zusammen (12 mal 12 = 144 - Symbol des Unendlichen). Damit ist die gesamte Gestalt mit 144 Feldern eröffnet, in der sich 144 Themen entfalten können. In der Zahl 144 ist auch der Endpunkt der 12-teiligen Reihe 1, 1, 2, 3, 5, 8, 13, 21, 34, 55, 89, 144 erreicht. 1 1 Die Fibonacci-Folge ist die unendliche Folge von natürlichen Zahlen, die zweimal mit der Zahl 1 beginnt. Im Anschluss ergibt jeweils die Summe zweier aufeinanderfolgender Zahlen die unmittelbar danach folgende Zahl.
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Die Entfaltung von 0 bis
12 x12=144
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OFFENES GEHEIMNIS
RAUMZEIT
LICHT
G O T T
EINHEIT
DUALITÄT
MENSCH
WELT
WELT
EMPFINDEN
DENKEN
TUN & LASSEN
DIE ELEMENTE WERDEN IN BEZIEHUNGEN & BEWEGUNGEN ZU GESTALTEN IN DEN
KÜNSTEN
WISSENSCHAFTEN
POLITIKEN
ZUSAMMENSCHAU
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n der Einheit spiegelt sich das Bedingungslose im Erfahrbaren wider. Doch die Einheit ist stets gefährdet, nicht zu fassen. Sie war schon verloren, als sie im Anfang ins Sein geworfen worden war. Im ersten Augenblick wurde aus der Einfalt, die weder ist noch nicht ist, das „Nicht – Nichts“. Das Ewige wird, wird im Etwas. Von da an sucht das Verlorene, das Vollkommene, das sich lückenlos Ergänzende, das alle Grenzen Sprengende, das sich bedingungslos Erfüllende, wiederzufinden. Es wird das Sein gesucht, das den Raum und die Zeit nicht mehr zu beachten braucht. Die Symbole der Einheit sind die Zahl Eins, der Kreis, die Kugel. Wir wissen nicht den Anfang und das Ende des Kreises, doch wo wir den Weg auch beginnen, er führt uns immer zum Anfang zurück. Anfang und Ende sind verbunden im Kreis. Unendlich viele Kreisschalen finden in der gleichen Mitte ihren Halt. Und ist eine Kugel nur unendlich groß, so ist jeder ihrer Raumpunkte zugleich allgegenwärtiger Mittelpunkt. Die Einheit des ersten Seins bildet, mit dem Ursprung vor allem Sein, die erste entfaltete Gestalt. Wo können wir diese Gestalt der Einheit in unserem Dasein entdecken? Wo ist diese Einfalt, diese so vollkommene Form, durchlässig zu uns hin? Wo zeigt sich der Abglanz des Lichts aus dem Urgrund? Wann können wir hinein hören in die Stille des Einen? Wie können wir durchlässig werden für das Geheimnis der Einheit? Wie die Einheit verschwindet, wenn ich sie zu fassen versuche, so verliert sich auch die Zeit zwischen dem „Nicht Mehr“ und dem „Noch Nicht“. Aber im geglückten Augenblick ist die Einheit vor dem Anfang zu erahnen. Dann scheint der Mythos des Paradieses auf, dann sind wir mehr als nur Erinnerung und mehr als nur Hoffnung. In der Stille zwischen den Tönen, in der Leere zwischen den Formen, in den Träumen zwischen dem Wachen, kann die Durchlässigkeit der Grenze erfahrbar werden. Gelänge es das Dazwischen zuzulassen, sich in das Dazwischen fallen zu lassen, die Grenzen zur Einheit öffneten sich und uns könnte geschenkt werden, was längst verloren geglaubt. Erkennbar ist für uns, dass alles im Sein mit allem verbunden ist, dass im Geflecht des Seins bereits geringe Veränderungen die Richtung im Ganzen beeinflussen, dass die Wirklichkeit offen ist für unendliche Möglichkeiten.
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Von der Einheit zum Ich 1. Satz Die Einheit
I. SYMPHONIE
Johann Sebastian Bach - Kunst der Fuge „Aus zwölf Tönen . . . wird ein ganzer musikalischer Kosmos. Dabei geht es Bach nicht nur um die Einheit, sondern zugleich um die Mannigfaltigkeit im Umgang mit dem Ausgangsmaterial: Nicht nur ist Alles aus Einem gemacht; vielmehr birgt dieses Eine die Möglichkeit zu Allem.“ Ludwig van Beethoven Seine Kompositionen sollen „frei und ungebunden“ zugleich sein. Es ist das „Ringen des gottbegabten Künstlers, Gegensätze zu vereinen [CUSANUS] .“ Martin Geck - Beethoven - S. 56
Markus Gabriel schreibt in „Warum es die Welt nicht gibt“ S. 20/21), dass es falsch ist zu denken, dass alles mit allem zusammenhängt, dass es keine Regel oder Weltformel gibt, die alles beschreibt und diese auch gar nicht existieren kann. Für unser Erkennen mögen die Verbundenheiten nicht existieren, aber doch für das Geheimnis, das sich ins Sein öffnete. Im Anfang war alles Eines!
Auch wenn uns Maß und Ziel des Ganzen noch verschlossen bleiben, so zeigt uns diese werdende Gestalt der immerwährenden Einheit bereits Wegmarken, die unsere Gestaltwerdung beeinflussen. Die Gestalt der Einheit ist im Werden.
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m Dasein ist Spaltung, mit dem Licht war auch der Schatten, war Weiß und Schwarz. Die Zeit teilt. Die Einheit wird zum „Noch Nicht“ und „Nicht Mehr“. Die Eins wird weiter gezählt. Es gibt die Eins und die Zwei, das Wenn und das Dann, das Entweder - Oder das An und das Aus, das Ja und das Nein, das Werden und Vergehen. Die Einheit ist in den Raum der Möglichkeiten, in die Zeit der Notwendigkeiten, in den Rahmen der Entfaltung gelangt. Die Freiheit beginnt ihren Weg durch das Sein. Angelegt in der ersten Trennung ist schon die zweite, und in jedem der Teile sind die Möglichkeiten der eigenen Entfaltungen mitgegeben, in einem Gegeneinander, in einem Miteinander. Die in die Materie eingeschriebenen Gesetze beginnen ihre Wirkungen zu entfalten, drängen in immer neue Gestalten hinein, die stets mehr sind als nur die Summe ihrer Teile. Die Einheit wirkt in und durch ihre Entfaltungen und sucht sich immer neu zu finden. Die Dualitäten, sie gehören zum Atem, zum Puls des Seins, zum Willen zum Leben, zur Ordnung des Lebendigen. Chaos quillt hervor, aber stets auch neue Ordnungen. Ein wechselseitiges Durchdringen, in dem das Lebendige gefasst und das Gefasste lebendig bleiben kann. Ordnung und Chaos entstanden ohne uns, wie auch Chaos und Ordnung ohne uns zerfallen; aber, dass dies für uns staunend erfahrbar wird, ist das nicht Wunder genug? Leben wurde möglich, getriebenes Sein, bis sich Leben entwickelte, das selber den Trieb kennt. Passives wurde um Aktives erweitert, so dass aus der geschehenen Entfaltung, Entfaltung wurde, die mitgestaltet. Doch was ist denn aktiv, was ist denn passiv? Ich vermeine es zu wissen, doch ich beginne mit dieser Frage in mir selbst, wo die Ursprünge zum Handeln oft geheimnisvoll im Dunkeln bleiben. Dann aber kann, was für mich aktiv erscheint, durch das in der Vergangenheit oder Zukunft Verborgene, mir bereits auferlegt sein. Im Sein ist der Prozess verankert, der zwischen aktiv und passiv vermittelt, der wechselseitig stets neu erkundet, wie aus den Notwendigkeiten Möglichkeiten werden können. Doch alle Möglichkeiten sind vielfach begrenzt, werden aus den Gesetzen des Daseins nicht entlassen. Damit ist in jeder Entfaltung notwendig auch Trennung, in jedem Gewinn und Zuwachs stets auch Verlust und Mangel. Es ist ein Werden und Vergehen im Atem der geschaffenen Zeit.
2. Satz Die Dualität
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Die binäre Digitaltechnik umfasst nur zwei diskrete Signalzustände. Diese werden üblicherweise als logisch null (0) und als logisch eins (1) bezeichnet.
Polaritäten - Gegensätze
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3. Satz Das Ich
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ieviel Teilung und Entfaltung, bis der Mensch war, der sich seines Ichs bewusst wurde. Das Licht des Ursprungs fand seinen Widerschein im Element des Ichs, im Ich der Dreiheit, von Empfinden, Denken, Tun und Lassen. Eine neue Gestalt, eine neue Ordnung in der uns erkennbaren Welt, in der die Elemente der Einheit und Dualität nicht ausgelöscht, sondern gebunden wurden und sich stets neu binden. Das Ich ist geworden, ohne selbst Einfluss auf die Gesetze des Werdens zu erlangen, es ist im Dasein, ohne gefragt worden zu sein, es ist ein Ergebnis der Prozesse des Daseins, des passiven Geschehens des Seins. Doch dem Ich sind Möglichkeiten der Entfaltung zugewachsen. Es kann etwas über die Gesetze des Werdens, etwas über sich selbst, etwas über seine Beziehungen und Bewegungen in der Gestaltwerdung aussagen. Ich, weniger als ein Lächeln lang in der Zeit, im Dasein ein winziger Samen auf der Erde, ein ungleich noch viel Kleineres im denkbaren Raum, ein Nichts vor dem Geheimnis vor und nach dem Sein. Und doch ist alles was ist, doch nur in, mit und durch mein Ich Sein für mich. ICH, das Wort ist eingebunden in das Wort L ICH T. Das ICH leuchtet auf im Licht, das dem Dunkel des offenen Geheimnisses entsprang. Das „L“ symbolisiert das Leben, als Beginn, das „T“ den Tod, das Ende des raumzeitlichen Seins. Ich bin mir bewusst, dass ich bin, ich bin ich. Immer wenn ich „ich“ sage, bin ich einmalig, unvertretbar. Ich bin der Punkt, von dem aus ich meine Welt empfinde, denke und in ihr handle. Aus meiner Ichperspektive ordne ich alles, was es gibt. Ich beobachte mich als eine werdende Person, die anderen „Ichs“, die mich umgebende Welt, ich nehme meine Gedanken, meine Wünsche, meine Hoffnungen, das, was mir geschieht und was ich wirke, wahr. Ich kann aus dem Ganzen meiner Einmaligkeit heraus das sich mir öffnende Ganze bis zu den mir gesetzten Grenzen wahrnehmen. Ich nehme aber auch wahr, dass ich nur ein Tropfen im Meer, ein Staubkorn irgendwo in der Unermesslichkeit des Universums, nur eine Randerscheinung bin. Wäre etwas anders, wenn ich nicht wäre? Und doch, ohne mein unvertretbares Ich wäre die Welt eine andere. Ist das nicht ein Hinweis, dass auch Ich gewollt bin? Das Zahlensymbol des Dreiecks fügt dem geteilten Kreis ein Drittes hinzu, verlässt die Harmonie des Kreises, verliert die einfache Gegensätzlichkeit des geteilten Einen und findet sich in der Verbundenheit und Getrenntheit von Tun, Empfinden und Denken wieder. Drei Seiten, wie im Dreieck miteinander verbunden, und keine darf fehlen, keine darf dominieren, soll das Ich nicht verloren gehen.
Das farblose, alles in sich bergende Licht, es wird im Dreieck in Farben zerlegt, in das Blau des Empfindens, dem Dunkel nah, in das Rot des Tuns, dem Dasein eingefleischt, in das Gelb des Denkens, ein Widerschein des Lichts. In jeder Farbe schwingen die anderen mit, aus ihrem Zueinander, ihren Mischungen, ihrem Gegeneinander, wird das Bild des Ichs gestaltet, die Gestalt, die ich im Sehen bin. Ein Zusammenspiel, in dem sich mit dem Licht auch der Schatten zeigt, ein Zusammenklang, der mir aber auch die Gestalt der Einheit vor der Dualität erfahrbar macht. Rot, die Farbe des Tuns und Lassens, des Augenblicks, sie verlangt Entscheidungen an der Schwelle von den Erinnerungen des „Nicht - mehr“ zu den Verheißungen des „Noch - nicht“. Rot tritt heraus aus dem Blau, das dem tiefen Raum der gewordenen Empfindungen verhaftet ist. Rot nimmt das Gelb auf, das aus den weiten Räumen des werdenden Denkens entgegenkommt. Auch Töne sind durch ein dreifaches, Höhe, Stärke und Dauer und erscheinen in Dur- und Moll-Dreiklängen im Zusammenklang. Aus ihnen wird im Erklingen und Verklingen, im zu- und miteinander eine Gestalt, die sich von Augenblick zu Augenblick neu entfaltet, eine Gestalt des Seins, die ich im Hören bin. Im Ich ist Empfangen und Geben. Es ist Empfinden, das uns entgegenkommt und Empfinden, das wir, aus unserem Wollen geboren, weitergeben. Es ist Tun als unsere Gabe im Handeln und Tun, das uns geschieht. Es ist Denken als unser Nach- und Vordenken in die Gestalten unseres Seins hinein. In der Freiheit und Bedingtheit des Empfangens, in der Möglichkeit und Notwendigkeit des Gebens, ist das Ich eingebunden. Aber wo findet sich der Plan für die Zuordnung der Seiten des Ichs, wo ist der Schlüssel für den Zusammenklang der Zeichen, was ist es das die Musik des Ichs immer neu zu öffnen vermag? Wie kann das Empfinden den Einklang mit dem Denken, wie das Denken seinen Ausdruck im Tun finden? Und wie kann aufgeschlossen werden, inwieweit das Denken geprägt wird von meiner erfahrenen aktiven und passiven Leiblichkeit ? Fragen, die aus dem Gewordenen uns als Gewordene, Gestalten suchen lassen, die eingebunden bleiben in das Ganze. Es ist Suchen und Finden in den Dimensionen des geschaffenen Raumes.
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Vom Suchen zum Finden 1. Satz Suchen
II. SYMPHONIE
as Ich sucht im Geflecht von Tun, Empfinden und Denken ein Viertes, etwas, das die drei Seiten des Elements „Ich“ zu binden vermag, etwas das Orientierung gibt in einem Anderen. Kenn ich auch die Seiten des Ichs, so fehlt doch noch das, was sie zueinander binden könnte. Das Ich ist für das Ich die Mitte des Daseins, das spürt, dass die Mitte des Seins woanders ist. Diese Mitte wird gesucht im Einenden, das dem Ich den Zugang zum Urgrund und Zielgrund seiner Dreiheit erhoffen lässt. Mit dem Bewusstsein des eigenen Ichs entstanden in unzähligen Entfaltungsprozessen die Erfahrungen einer ursprünglichen Einheit. Angestoßen durch die Triebe, werden im Sehen, Hören, Spüren, Schmecken und Riechen, im Not-wendenden Tun des Daseins und im denkenden Ordnen, die Gestalten der Einheit immer neu gesucht. Und suchen wir die äußerste Nähe, so zeigt sich auch der Weg zur innersten Weite. Das Ich ahnt dann den Klang, das Wort, das Licht, die uns aus der Mitte entgegenkommen. Das Zusammenfallen des Getrennten wird uns angekündigt. Im Ich ist die Hoffnung verankert, im Strudel des Daseins nicht verloren zu gehen. Aus dieser Hoffnung werden Darstellungen in Gestik, in Bildern, in Tönen. Es werden Sprachen, als Gestalten, die wir im Denken sind, Melodien, die unserem Empfinden Ausdruck verleihen. Und auch im fortwährenden Experimentieren, im Versuch und Irrtum, in den Regeln der „Wenn - Dann“ Beziehungen, geschieht ein stetiges Ringen um die gesuchte Gestalt. In allem bilden wir das „Nicht Verfügbare“, das uns Bedingende in uns nach und geben ihm Namen, Namen, die das Unauslöschliche bannen, das Unfassbare festhalten möchten, Namen, die unsere Sprachen dafür gefunden haben. Wie soll ich es anders nennen, als mit dem Namen, der mir in meiner Sprache überliefert wurde: Gott.
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„Die Philosophie trachtet, das erlösende Wort zu finden, das ist das Wort, das uns endlich erlaubt, das zu fassen, was bis jetzt immer, ungreifbar, unser Bewußtsein belastet hat.“ Ludwig Wittgenstein
Lass' uns nun sehen, ob der Name «theos» oder «Gott» uns Unterstützung hierzu gibt. Der Name «theos» selbst ist nämlich nicht der Name Gottes, der jede Vorstellung übertrifft. Denn was nicht erfasst werden kann, bleibt unsagbar. Aussprechen heißt nämlich, eine innere Begrifflichkeit mit Vokalen oder anderen figurhaften Zeichen nach außen hin auszudrücken. Wenn also von etwas keine Ähnlichkeit erfasst wird, bleibt auch der Name unbekannt. «Theos» ist also der Name Gottes nur insofern, als er vom Menschen in dieser Welt gesucht wird. Der Gott Suchende soll folglich aufmerksam betrachten, auf welche Weise in dem Namen «theos» ein bestimmter Weg des Suchens eingefaltet wird, auf dem Gott so gefunden wird, dass er berührt werden kann. «Theos» hängt etymologisch mit «theoro» zusammen, was «ich sehe» und «ich laufe» bedeutet. Der Suchende muss also mittels des Sehens laufen, damit er zum alle Dinge sehenden «theos» gelangen kann. Demnach trägt die Schau eine Ähnlichkeit mit einem Weg in sich, den der Suchende zu wandeln hat. Wir müssen folglich die Natur der sinnlichen Schau auch auf das Auge der vernunfthaften Schau ausdehnen und aus dieser eine Stufenleiter für den Aufstieg hervorbringen. Nikolaus von Kues - Vom Gottsuchen - fol.197
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2. Satz Spaltung
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ir erfahren in uns die Spaltung, den Verlust der Einheit, das Ja und das Nein. Es begegnet uns das immer Doppelgesichtige im Sein in allem was ist und was wir sind. Im Ich ist das ungefragte Ja zum Leben, das erste Einatmen. Jedes Ja wird aber immer erst wieder lebendig durch ein Nein, das Ausatmen. Der Ur-Zyklus wird auch in uns geschlossen. Doch jedes neue Ja gleicht nicht dem Vergangenen, denn es kennt das Nein, den Tod. Jedes Ja und Nein, das von einer der Seiten des Ichs ausgeht, wird von den Ja und Nein Entscheidungen der anderen Seiten mit bedingt. Erst im Erfahren dieser Zusammenhängekönnen wir uns als Einheit empfinden. Doch was wir als Ursache, was wir als Wirkung meinen zu kennen, ist immer abhängig von der Zufälligkeit des Beginns unseres Suchens. Wir suchen nach der Wahrheit, den wahren Zusammenhängen, der Gestalt, die alles mit aufnimmt; aber in unserer Verzweiflung, das Wahre zu verfehlen,