5
2. Satz
Spaltung
W
ir
erfahren
in
uns
die
Spaltung,
den
Verlust
der
Einheit,
das
Ja
und
das
Nein.
Es
begegnet
uns
das
immer
Doppelgesichtige
im
Sein
in
allem
was
ist
und
was
wir
sind.
Im
Ich
ist
das
ungefragte
Ja
zum
Leben,
das
erste
Einatmen.
Jedes
Ja
wird
aber
immer
erst
wieder
lebendig
durch
ein
Nein,
das
Ausatmen.
Der
Ur-Zyklus
wird
auch
in
uns
geschlossen.
Doch
jedes
neue
Ja
gleicht
nicht
dem
Vergangenen,
denn
es
kennt
das
Nein,
den
Tod.
Jedes
Ja
und
Nein,
das
von
einer
der
Seiten
des
Ichs
ausgeht,
wird
von
den
Ja
und
Nein
Entscheidungen
der
anderen
Seiten
mit
bedingt.
Erst
im
Erfahren
dieser
Zusammenhängekönnen
wir
uns
als
Einheit
empfinden.
Doch
was
wir
als
Ursache,
was
wir
als
Wirkung
meinen
zu
kennen,
ist
immer
abhängig
von
der
Zufälligkeit
des
Beginns
unseres
Suchens.
Wir
suchen
nach
der
Wahrheit,
den
wahren
Zusammenhängen,
der
Gestalt,
die
alles
mit
aufnimmt;
aber
in
unserer
Verzweiflung,
das
Wahre
zu
verfehlen,
finden
wir
oft
nur
Gründe,
mit
denen
wir
meinen
unsere
erlebte
Vergangenheit
und
unsere
erhoffte
Zukunft
im
Jetzt
rechtfertigen
zu
können.
Zwar
verlieren
wir
uns
immer
wieder
beim
Versuch
uns
zu
finden,
doch
jedes
Verlieren
gibt
schon
den
Anstoß
zu
neuem
Finden,
zum
Finden
einer
veränderten
Gestalt.
Mit
jedem
Tun
können
die
Seitendes
Empfindens
und
Denkens
beschädigt
werden;
aber
auch
in
jedem
Nicht-
Tun
kann
Empfinden
verloren
gehen.
Im
Nicht-Empfinden
kann
Denken
entschwinden,
wie
mit
jedem
Denken
auch
Tun
versäumt
werden
kann.
Im
Leben
ist
der
Tod
stets
gegenwärtig.
Es
ist
die
Frage
nach
seinem
Sinn,
seinem
Wann,
Warum,
Wozu
und
Wohin,
die
uns
drängt
unserem
Leben
Gestalt
zu
geben.
Tod
und
Leben,
sind
aufeinander
bezogen
im
Ich.
Wie
ist
zu
fassen,
was
im
Prozeß
des
Lebens
und
Sterbens
uns
Halt
geben
kann,
wie
zu
fassen,
was
uns
hoffen
läßt,
das
jeder
Tod
immer
wieder
nur
ein
Vorletztes
ist?
Wir
sind
in
der
Zeit
des
Ichs
verloren
in
den
Tod
hinein,
in
der
Zeit
des
Seins
lebendig
im
Werden
des
Gestalt,
aber
erst
im
Sein
ohne
Zeit,
Tod
und
Leben
verlierend,
werden
wir
erfüllt
in
das
Unermessliche
hinein. Leid und Freude ist im Atem dieser „Tod – bewussten“ Zeit.
Schönheit, ist das „uninteressierte Wohlgefallen“. (Kant)
Es ist ein Luxus seine Interessen auszublenden,
um das Schöne zu finden.
„Auch Schönheit der Natur, d. i. ihre Zusammenstimmung mit dem freien Spiele
unserer Erkenntnisvermögen in der Auffassung und Beurteilung ihrer Erscheinung,
kann auf die Art als objektive Zweckmäßigkeit der Natur in ihrem Ganzen, als
System, worin der Mensch ein Glied ist, betrachtet werden; wenn einmal die
teleologische Beurteilung derselben durch die Naturzwecke, welche uns die
organisierten Wesen an die Hand geben, zu der Idee eines großen Systems der
Zwecke der Natur uns berechtigt hat. Wir können es als eine Gunst , die
die Natur für uns gehabt hat, betrachten, daß sie über das Nützliche noch Schönheit
und Reize so reichlich austeilete, und sie deshalb lieben, so wie ihrer
Unermeßlichkeit wegen, mit Achtung betrachten, und uns selbst in dieser
Betrachtung veredelt fühlen: gerade als ob die Natur ganz eigentlich in dieser
Absicht ihre herrliche Bühne aufgeschlagen und ausgeschmückt habe.“
Kant - Kritik der Urteilskraft - Kapitel 77
Das Angenehme, das Schöne, das Gute bezeichnen also drei verschiedene
Verhältnisse der Vorstellungen zum Gefühl der Lust und Unlust, in Beziehung auf
welches wir Gegenstände, oder Vorstellungsarten, voneinander unterscheiden. Auch
sind die jedem angemessenen Ausdrücke, womit man die Komplazenz in denselben
bezeichnet, nicht einerlei. Angenehm heißt jemandem das, was ihn vergnügt; schön,
was ihm bloß gefällt; gut, was geschätzt, gebilligt, d. i. worin von ihm ein objektiver
Wert gesetzt wird. Annehmlichkeit gilt auch für vernunftlose Tiere; Schönheit nur für
Menschen d. i. tierische, aber doch vernünftige Wesen, aber auch nicht bloß als
solche (z. B. Geister), sondern zugleich als tierische; das Gute aber für jedes
vernünftige Wesen überhaupt. Ein Satz, der nur in der Folge seine vollständige
Rechtfertigung und Erklärung bekommen kann. Man kann sagen: daß unter allen
diesen drei Arten des Wohlgefallens, das des Geschmacks am Schönen einzig und
allein ein uninteressiertes und freies Wohlgefallen sei; denn kein Interesse, weder
das der Sinne, noch das der Vernunft, zwingt den Beifall ab. Daher könnte man von
dem Wohlgefallen sagen: es beziehe sich in den drei genannten Fällen auf Neigung,
oder Gunst, oder Achtung. Denn Gunst ist das einzige freie Wohlgefallen. Ein
Gegenstand der Neigung, und einer, welcher durch ein Vernunftgesetz uns zum
Begehren auferlegt wird, lassen uns keine Freiheit, uns selbst irgend woraus einen
Gegenstand der Lust zu machen. Alles Interesse setzt Bedürfnis voraus, oder bringt
eines hervor; und, als Bestimmungsgrund des Beifalls, läßt es das Urteil über den
Gegenstand nicht mehr frei sein.
Was das Interesse der Neigung beim Angenehmen betrifft, so sagt jedermann:
Hunger ist der beste Koch, und Leuten von gesundem Appetit schmeckt alles, was
nur eßbar ist; mithin beweiset ein solches Wohlgefallen keine Wahl nach
Geschmack. Nur wenn das Bedürfnis befriedigt ist, kann man unterscheiden, wer
unter vielen Geschmack habe, oder nicht. Ebenso gibt es Sitten (Konduite) ohne
Tugend, Höflichkeit ohne Wohlwollen, Anständigkeit ohne Ehrbarkeit usw. Denn wo
das sittliche Gesetz spricht, da gibt es, objektiv, weiter keine freie Wahl in Ansehung
dessen, was zu tun sei; und Geschmack in seiner Aufführung (oder in Beurteilung
anderer ihrer) zeigen, ist etwas ganz anderes, als seine moralische Denkungsart
äußern: denn diese enthält ein Gebot und bringt ein Bedürfnis hervor, da hingegen
der sittliche Geschmack mit den Gegenständen des Wohlgefallens nur spielt, ohne
sich an einen zu hängen.
Kant - Kritik der Urteilskraft - Kapitel 13