Im Schauen dieses Raumes, imErspürendesZusammenklangsseinerElemente,kannmeinund ihrHerzerahnen,wiesichdasGeheimnisdesUnsagbarenzuuns öffnet.Ichladesieein,diesenOrtalseineRaumsymphoniein12 Sätzen mit Prolog und Epilog mitzuerleben. IchhabediesenRauminmeinerKindheitundJugendbeglückendin alltäglicherundinFesttagsstimmungerfahren,abererstim Nachhinein,ausderDistanz,verdichtensichdiesefrühenEindrücke zu einer bewegenden Erfahrung der Licht- und Klangstimmungen. SiesindverbundenmitdemErleben,derdiesenOrtumgebenden Landschaft,derJahres-undTageszeiten,derwiederkehrendenRituale und der Kirchenfeste.IndiesenErfahrungenspiegeltsichdersooftmissbrauchteBegriff "Heimat"wider.VieleshatsichinSeeggeändert,dieserRaumjedoch ist der Zeit ein stückweit enthoben.Schenken sie sich Zeit fürdiesenRaum,dennSchauenbrauchtDaue.Erstdannkönnensich dieBilderinsHerzsenkenundentfalten.GönnenSiesichden Wohlstand, Zeit in der Zeit zu haben.AmnördlichenEingangstorzumFriedhofbegegnenihnenzwei lebensgroßeSandsteinfiguren,rechtsFranzXaver,derdenBlickzum HimmelwendetundlinksJohannesNepomuk.AmKanzelanbauder KirchebegrüßtsieausderHöhederKirchen-undDiözesanheilige Ulrich,demdieKirchegeweihtistunddervonOttoKobelgestaltet wurde.
PROLOG
Der Weg zur Kirche verheißt gerade in dunklen Zeiten ein Aufatmen und Aufschauen
Der Putto, der dem Gelesenen nachdenkt, am Fuß der Eingangs.(Original Heimatmuseum Seeg)
Figuren von JOHANN SCHWEIGER (1762) aus Hinterberg
BevorsieindieKircheeintreten,gönnenSiesicheineUmrundungim Uhrzeigersinnumsichzusammeln.DieKostbarkeitgeradedieser StundeunddiesesOrteskannihnendamitbewussterwerden. ErspürensiediesenhervorgehobenenOrt,andemdasGotteshaus, aufsteigendausdenTerrassenderGräber,alseinHoffnungszeichen für uns Menschen, in den Himmel ragt. DieHüllederKircheisteinfach,nüchtern,festgefügt,sowiesichuns dieseWeltsooftdarstellt.SieistvomAbendlichtzumMorgenlichtausgerichtet. AufderWestseiteweitetsichderBlicküberdieGräberterrassenauf dieVoralpenlandschaftmitdenSeegersee.EineGelegenheitdarüber nachzudenken,mitwelchenLeidenundUngerechtigkeitenderWeg derGeschichtebiszudieserStundegepflastertwurde. Abertrotzund vielleichtgeradewegendieserleidvollenGeschichtebrachtendie MenschenvonSeegeinsolchherausragendesKunstwerkhervor. Seinen Rang und seine Schönheit zeigen die Seeger auch dadurch dass sie in unseren Tagen diese Kostbarkeit umfassend renovierten. Sie haben damit ihrem Alltag den Glanz eines Feiertages dazugegeben.Es ist ein Ort um Innezuhalten und Fragen zu stellen. Welche Wege werden wir Menschen auf dieser immer kleiner werdenden Erde noch gehen? Welche Zeiten sind uns in dieser sich so schnell verändernden Welt noch geschenkt?Es ist aber auch ein Ort um den Fragen nach unserem Sein, seiner Zeit- und Raumbezogenheit, nachzuspüren und uns zu dem zu öffnen, der Raum und Zeit übersteigt. Ich lade sie ein, lassen sie sich auf dem Weg in Sorgfalt ein, aber lassen sie die Sorgenfalten an der Eingangstüre zurück.
1RAUM DER EINHEIT UND DES LICHTSTretenSiedurchdenNordeingang,derFrauenseite,indieKircheein.Hinter demkleinenVorraum,Vorzeichengenannt,könnteIhnendiesymbolische GestedesEintauchensihrerFingerindenWeihwasserkesselhelfen,sichzu sammeln und für das Kommende zu öffnen.GehensiebiszumMittelgangvor,undnehmensieindererstenBankunter derWestemporePlatz.HierkönnenSiedenRauminseinereinheitlichen Gestalt wahrnehmen.SieerlebeneinenlichtenRaumvollHarmonie,derdasEwigeimWerden, dieGeschichtedesHeilsentfaltet.DieserRaumdes18.Jahrhundertsist wedereinfachgestaltetnochisterüberfüllt,eristimGleichgewichtund Ebenmaß.DieseHarmoniewirddurchdiesymmetrischeAnordnungender Elemente,denZusammenklangderArchitekturmitdenFreskenund Bildern,denabschließendenunddochverbindendenStukkaturen,denFormen und Farben erreicht. BetrachtenSiezunächstdenChorraummitdemHauptaltarinsgesamt.Hier wirddieseHarmoniebesondersanschaulich.GebensiesichdieserGestaltin Stille hin und versuchen sie selbst zur Ruhe zu kommen.
"DieMußeistnichtdieHaltungdessen,dereingreift,sonderndessen,dersich öffnet;nichtdessenderzupackt,sonderndessen,derlosläßt,dersichlosläßtund überläßt....DieErquickung,dieunszuströmtimhingebendenAnschauen...-gleichtsienichtderErquickung,dieunszuteilwirdintiefem,traumlosenSchlaf?. ..InsolcherGeöffnetheitderSeelemagauchdemMenscheneinmalgeschenkt werden,zugewahren,'wasdieWelt/ImInnerstenzusammenhält'-vielleichtnur fürdieDauereinesBlitzes,sodaßnachherdieEinsichtendiesesAugenblicksin angespannter 'Arbeit' wiederentdeckt werden müssen."Josef Pieper in "Muße und Kult"
Im Anfang liegt, was auch mich bedingt,liegtbereits,wasmichfragenlässt,warumistüberhauptEtwas, warumistnichtvielmehrNichts.Wieistgeworden,wasmichdiesen Ort zu dieser Stunde so staunend wahrnehmen läßt?Imgoldenen,gleichschenkligenDreieck,demabstraktenSymbolfür dieGottheitinderDreieinigkeitvorderZeit,istdasAugedes Schöpfers,desGottesalsVater,eingewoben.Er,derallesWerdenzur Entfaltungbringt,stehtimZentrum,Er,derdasgrenzenlose Geheimnis auch zu mir hin öffnet, Er spricht, es werde Licht. DenDreiecksseitensindiminnerenKreisdreiEngelköpfezugeordnet. VierEngelinganzerGestalt,alsSymbolfürdievier HimmelsrichtungenderWelt,kannmanetwasweiteraußensehen. EinEngelaberstehtanderSpitzedesStrahlenkranzesundweistüber die Welt hinaus.
Altar des Vaters(Auge des Schöpfers)Hl. Ulrich als FürbitterMaria mit dem Jesuskind als MittlerinJesus am Kreuz (Tabernakel)Herz JesuHl. Anna - Hl . Afra
Altar des Sohnes(Lamm des Erlösers)Taufe Jesu am Jordandurch JohannesTrinitätHl. Maria mit JesuskindHerz JesuHl . Josef - Hl. Joachim
DasvonderGottheitunddemSchöpferleuchtendeLichtwirdim StrahlenkranzderSeitenaltäreaufgenommen.AufderlinkenSeiteist diesesLichtinJesusChristus,symbolisiertdurchdasLamm,zurWelt gekommen.AmrechtenSeitenaltarschwebtdiedrittePersonder Trinität, die Taube, als Symbol des Heiligen Geistes in der Glorie.SoisteinesderHauptmotivederKirche,dieDreieinigkeit/ DreifaltigkeitGottes,bereitsinden Auszügender AltäreaufSchönste entfaltet.
Altar des Geistes(Taube des Vollenders)Krönung Mariasinmitten vieler HeiligerTrinität Hl. Josef mit JesuskindHerz JesuPetrus - Paulus
2Mit dem Licht war auch der Schatten,dieZeitteilt,dieEinswirdweitergezählt,esgibtdasWerdenund Vergehen,dasEin-unddasAusatmen.ImKirchenraumistdasSpiel vonLichtundSchatten,jenachdeminwelcherTages-undJahreszeit siedenRaumbetrachten,inimmerneuenKlangfarben,wieineiner Symphonie, eindringlich zu erleben.LassensiesichaufdiesesSpielfüreinigeMomenteein,beobachtensie denWechselderStimmungen.LichtundSchattengebendemRaum Konturundmachenihnlebendig.EsistdasHelleunddasDunkle, das den Raum wie auch unser Leben prägt. InderRundungdesChorraumesisteinegroßeUhrangebracht.Sie erinnertunsandieVergänglichkeitderSchöpfungundunseres LebensundkanneinenAnstoßgeben,überunserenUmgangmitder Zeitnachzudenken.LassenwirunsnurvonTerminenversklavenund begrenzendamitdieZeitdurchdieEinteilunginvieleAbschnitte,die dannkeinErlebenzuläßtoderentgrenzenwirdieZeitindieVielfalt des uns Entgegenkommenden.
Im Räderwerk der Zeit (Kirchturmuhrwerk der Turmuhrenbauer Barnsteiner aus dem Heimatmuseum in Seeg)
AUGUSTINUS ÜBER DIE ZEIT„WasalsoistdieZeit?Wennniemand michdanachfragt,weißich's,willich's abereinemFragendenerklären,weißich's nicht.“ „Wiekannmansagen,dassdie vergangenenundzukünftigenZeiten sind,dadochdievergangeneschonnicht mehr und die zukünftige noch nicht ist? Diegegenwärtigeaber,wennsieimmer gegenwärtigwäreundnichtin Vergangenheitüberginge,wärenichtmehr Zeit, sondern Ewigkeit.“
5O, GOTT, WARUM ?Warum?MillionenfachwurdeinderMenschheitsgeschichtediese Fragegestellt:Warum,duguterundallmächtigerGotthastDudas allessozugelassen?Warumtrifftesmich,derichsoaufdich vertraute? Warum ist in dieser Welt das Böse nicht überwindbar?IstdennnachallemwasgeschehenistdieVorstellungdesguten Gottesnochzuretten?RegiertunsLiebeoderHaß?UndistdasBöse, dasGrauen,derWahn-SinnnurunsMenschenanzulasten?Mußein ohnmächtigerSchöpferseinerSchöpfungihrenLauflassen?Verhalt unserSchreiennachdemWarumdesunschuldigenLeidensungehört imNichts?SindwirohneHoffnungvondirlosgelöst,gekettetanuns selber?Aber,esistdochdeineSchöpfung,inderdasallesgeschieht, doch auch dein Sein, dem das alles widerfährt?EsistjetztdieZeitgekommendenKirchenraumimGehenzu erfahren,sichaufdenWegzumachen.ZuerstmöchteichIhnen vorschlagen,unterdieEmporezugehenunddasFreskoderapokalyptischeFrauimZentrumzubetrachten.AndiesemFresko ausdemEndedes17.Jahrhundertistzuerkennen,wiesichder MalstilzurMittedes18.Jahrhundertshinveränderthat.Beeindruckendist,wiederMalerdieHeilsgeschichteineiner schwungvollenSpiralbewegungdarstellt.AusderWeltkugelheraus, dievoneinerSchlange,alsSinnbilddesBösenundderVerführungumschlungenwird,herhebtsichdiesternenumkränzteFraumitderMondsichelzuihrenFüßen,uminderTaubedesGeistes auszuschwingen. IndenweiterenMedaillonsderWestemporekönnensieaberauch MariasLebenswegmitallihrenSorgenbetrachten.MariaalsKindmit ihrenElternJoachimundAnna,dieihrdasLesenlehren,die VerkündigungderMutterschaftinsehr,sehrjungenJahren,die VermählungmitJosef,derWegzurVerwandtenElisabeth( „Heimsuchung“),dieFluchtausderHeimatineinunbekanntesLand. UndwaskanneinMenschenlebenmehrerschüttern,alsderTodeines Kindes.AnderRückseiteistineinemGemäldeJesusimGrab dargestellt.SokönnenwirunterderEmpore,ineinemgedrückten Raumatmosphäre,auchüberunserenLebenslaufnachsinnenund vielleichtetwasTrostfindeninderGeschichtediesertapferenaufGott vertauenden Mutter.
MYTHOS DES PARADIESES
StephenGreenblattschreibtinseinemBuch„DieGeschichtevonAdamundEva–DermächtigsteMythos der Menschheit, Siedler 2018, S. 325/326„SeinelangeundverschlungeneEntwicklungvoneinerarchaischenSpekulationzumGlaubenssatz,vom DogmazurbuchstäblichenWahrheit,vonderbuchstäblichenWahrheitzumRealen,vomRealenzum Sterblichen,vomSterblichenzumUnwahrenführteschließlichzurFiktion.DieerstenMenschenimGarten EdenmitdenmagischenBäumenunddersprechendenSchlangesindzurückgekehrtindieSphäreder Imagination, aus der heraus sie sich entwickelten.DieseRückkehrabermachtsienichtbedeutungslos,zerstörtauchnicht,wasanihnenfasziniert. Adamund Evableibenwirkmächtig,siebieteneineunverzichtbareMöglichkeit,nachzudenkenüberUnschuld,über dieVersuchungundübermoralischeEntscheidungen;darüber,wasesheißt,festzuhaltenaneinem geliebtenPartner;nachzudenkenauchüberArbeit,GeschlechtsverkehrundTod.Mitaußerordentlicher LebendigkeitzeigendieFigurenundihreErzählung,wieundwarumsichMenschenzueiner Entscheidungverleitenlassen,derenkatastrophaleKonsequenzenfüralleZeitenspürbarbleibenwerden. ZugleichaberhaltensiedenTraumoffen,irgendwanneinmalirgendwiezurückkehrenzukönnenineine Glückseligkeit, die verloren ging.“
6Ich und DuMachenwirunsaufdenWeg.ZweiMenschenvereintinFreudund Leid,vereintdurchdieSorgeumihrLeben,fliehenumihrLebenund das„ihres“Kindeszuretten.MariaundJosefmitsorgenvollem, nachdenklichenBlickwissennichtwassieerwartet,siesind ausgeliefert dem Wohlwollen von Menschen , die ihnen begegnen. FluchtundVetreibungkennzeichnenauchdas20.und21. Jahrhundert.MillionenfachwurdediejüdischeBevölkerungvetrieben undvernichtet,FluchundVetreibungwardieschrecklicheFolgeder Nazi-Diktatur,FluchtausNot,VerzweiflungundVerfolgung kennzeichneninkaumvorstellbaremAusmaßweltweitunsereZeit. Wiedamitzurechtkommen,damitwirundichdemMitmenschen gerechtwerde?Wirwollennicht,dassieertrinken.Wirwollennicht, das sie kommen. Was wollen wir tun?SchreitenSielangsamdenMittelgangzumChorraumvor,Richtung Osten.DieGestaltendesDeckenfreskosbegleitenuns.Dabeiistesein Erlebnis,dieFarbmischungen,diechargierendenFarbstufungen,die feinenÜbergängeaufzunehmen.DieGrundfarbenBlau,GelbundRot mischenundverbindensich,einBildklangentsteht.DasViolett, indemsichdasBlaudesEmpfindensunddasRotderTat durchdringen,gibtunseremEmpfindeneinWollenumimmerwieder neuesHandelnanzustoßen.GrüneTöne,indenendasGelbdes lichtenDenkenaufdasBlaudesUrsprungswirken,lassenHoffnung aufkeimen,dasssichimLebenimmerwiederneuerSinnzeigenkann.VerschränkensichdasRotdesTunundLassensmitdemGelb,des sichselbstvergessendenDenkens,dannleuchtenOrangetöneauf,die eineAhnunggeben,wieengKörperundGeistaufeinander angewiesen sind.WieausdenFarbenLebenentsteht,sowirdinderVereinigungvon IchundDuunserErdendaseinerstinseinerSchönheitsichtbar.Im anderenIchbegegneicherstmirselbst,imDuersterfahreichdas AnderewieauchdasmirGleiche.DieFarbenmischensichundmalen ein Bild, das mehr ist als nur die Zuordnung von Elementen. VordemChorraumbogensehenwirimDeckenfreskodrastisch dargestellt,wieJudithdeminIsraeleingefallenenFeldherrnder AssyrerHolofernes,denKopfabschlägt.Istesnurdietraumatische AufarbeitungdesGeschlechterkampfeszwischenFrauundMann?UndwashatwohldieLiedsängerinJudithHolofernesbewogenin ihrem Künstlernamen diese beiden Namen zu vereinen?EinBildgibtunsauch Anlassnachzudenken,wieengRettungvorden FeindenmitGewaltverbundenseinkann.HeiligtderZweckalle MittelundkannmaninJuditheinepolitischeHeldinsehen?Welche FolgenhabensolcheTaten,gebiertHasswiederHass?Fragen,diesich geradeauchim20.und21.JahrhundertinimmerneuerBrisanz stellen.AuchdieseSchattenseitegehörenzueineraufrichtigen Symphonie dieses Raumes.
HolofernesführteimAuftragdesassyrischenKönigseinen"Weltkrieg"gegendie andersgläubigenVölker.AlleindieIsraelitenzeigtensichwehrhaftgegendiedrohende Unterwerfung,dochdachtensiebaldanKapitulation,dadieGegnerihreWasserstellen besetzten.DatratJudith,einereicheundschöneWitwe,vordieÄltestenundverkündete,dasssie Israelrettenwerde.Siekleidetesichfestlich,schmückteundparfümiertesichundgingmit ihrerMagd AbraausderStadtzudenFeinden.HierverrätsiescheinbarihrVolkundwird vonHolofernesalsÜberläuferinaufgenommen.EsdauertkeinedreiTage,daistder FeldherrschonverliebtinihreweiblichenReizeundgibteinFest,umsiezuverführen. Aber statt ihrer berauscht ihn der Wein, und es kommt zu der Bluttat.
7ÖFFNUNGDieFormenundFarbendesRaumes,aberauchdieLeerezwischendenFormen,die ZwischenräumekönnensinnbildlichfürunserDaseinstehen.UnsereSeinist „Dazwischen-sein“-ist„inter-esse“,meistenssindwirnichtganzda,wowir eigentlichseinwollenoderseinsollten.Jetztsindwirangekommen,wosichvordem Chorraum der Mittelgang mit dem Gang vor den beiden Seitenaltären kreuzen.WirsehenamlinkenSeitenaltarimAltarbilddieTaufedesJesudurchJohannes dargestellt.„UndalsJesusausdemWasserstieg,saher,dassderHimmelsich öffneteundderGeistwieeineTaubeaufihnherabkam.“(Mk1,10).Gekröntwird auch diese Szene vom Schöpfergott. Auch hier wiederum das Dreifaltigkeitsmotiv.InallenKulturenistdieReinigungalseinederbedeutendstenrituellenHandlungen verankert.SieistmitdenGedankendesUmkehrens,derÖffnung,desNeuanfangs, desAufgenommenseinsverbunden.Wirhoffenzuunsselbstzukommen,wennwir unsdemLichtöffnen,dassausderTiefederZeitenunsanspricht.WenneinDumich anspricht,michannimmt,wieichzuseinvermag,wirdesheller,einheilendesLicht kommt mir entgegen. ImWort„LICHT“istindenmittlerendreiBuchstabendas„ICH“eingebunden.Es beginntmitL,wie„LEBEN“undendetmitT,wie„TOD“.Kanneseinenschöneren Hinweisgeben,alsdiesesSchlüsselwort„LICHT“fürunserErdendasein.Augenblicke könnenLichtblickesein,dieunsallenZweifelnehmen.DasBildMariasmitihrem Kind ist ein schönes Sinnbild dafür. NurausderFerneisteineAnbetungsszene(südlicheSeitenemporeüberderSakristei) zusehen,dieingroßerIntensitätdasLicht,dasvomGottessohnundMenschensohn ausgeht, zur Gestalt bringt. IchmöchteSienocheinladenmeineMeditationsgrafiküberdasSpannungsverhältnis von „GOTTESSOHN - MENSCHENSOHN“ zu betrachten. DievonunsgefundenenBegriffüberdas,wasunsimSeinhält,verändernsichauf jederStufederBetrachtung.AusdemungetrenntenWortdes „GOTTESSOHNMENSCHENSOHN“ergebensichdurchdasWeglassenvon BuchstabenjeweilsneueSinngehaltez.B.„GOTTESSOHNMEN“oder„GOTTESSO“ oder„GO“umdanninderMittezuverschwinden.WiedieSandkörnerderSanduhr häufensiesichaberuntenwiederanundführenzumAusgangsbegriffzurück. SolangedieZeitweitergehtwirddieSanduhrwiedergedrehtwerdenunddenwahren Gottesbegriffwerdenwirerstdannerfahren,wennwirRaumundZeitverlassen.Am nächsten aber sind wir in dieser Welt dem Geheimnis im „NICHTS DER MITTE“.
8Wer regiert?GönnenwirunsdieZeit,unsindererstenBankniederzulassenum aufzuschauen,umnachvornezuschauen.Aberwassehenwirüberhaupt, wennwiretwassehen?Waskommtunsentgegenundwasdavonhateine Chance in uns zu wirken.
HOFFNUNG
LIEBE
GLAUBE
Einige Titel des Fernsehprogramms eines x-beliebigen Tages.Das stinkt zum Himmel / Auf dem Kriegspfad / Die Suche nach der Superwaffe / Leben oder sterben lassen / Der Tod steht ihr gut / EsscheinenlauterexistentielleThemenzusein,dieunser AugeundOhrfindenwollen. Aberes sindTitelseichterSerien,meistKrimis.SietreffenunsundwirkönnenunsihrerMachtkaum entziehen. Regieren uns die Medien? Halten sie uns gefangen?WelcheChancehatdaeinChorraumder,sichvorunsauftut.EntgegenkommtunsderBlick desDreieinenGottes,derdurcheingoldenesDreiecksymbolisiertwird.Vonihmausentfalten sichdiegoldenenStrahlenindenRaum.Aberpassiertdaetwas,wennnichtinunsetwas passiert? Am AltarsindinEngelsgestaltendiechristlichenTugendenGlaubeundHoffungund in Form des Herzens die Liebe symbolisiert. ImDeckenbereicherkennenwireineSchlacht,dieSchlachtgegendieUngarnaufdem LechfeldausdemJahre955,dieBalthasarRieppgestaltethat.Aberwaskannunseinesolche Darstellungheutenochsagen,wennwirtäglichdieKriege,dasSterben,dieOpfer,denTodin den Medien scheinbar hautnah erleben können. DerheiligenUlrich,PatrondesKircheunddesganzenBistumsAugsburg,unddieweltliche Macht,mitKaiserOttoI.anderSpitze,kämpfenfürdasLeben,derihnenanvertrauten Menschen.Heuteerkennenwirdochbesseralsjemalszuvor,welcheLeidenauchdie"Sieger"vomSchlachtfelddavontragen.Heuteistesdochdringenderalsjezuvor,alleszutunum KonfliktezuentschärfenundfriedlicheEntwicklungenzufördern.WerindenBlickdes anderentauchtsiehtbesser.WerdannausvollemHerzendieMachtdeseinen,allmächtigen undliebendenGottesfüralleMenschendiesesErdballsannehmenkann,wirdfürdas Abschlachten keinen Raum zulassen.AberwirddiesnichtallesdurchdieungehemmtenGewaltdarstellungen,dietäglichuns belagern,konterkariert?WerhatdenMutdieserVerrohunginWortundBildEinhaltzu gebieten!
WIE UND WO WAR ES?"DieseSchlachterhieltglänzendeAttribute,„GeburtsstundeDeutschlands"istdas 'süßlichste von ihnen.“„DieUngarnwarenzuZeitendesSachsenkaisersOttoeinReitervolk,vordemdas ganzeAbendlandzitterte.MehrmalszogensiebrandschatzenddurchBayern. GefürchtetwarendieheidnischenHordenwegenihrergnadenlosen Zerstörungswut.NachderNiederlagebeiAugsburgwurdensiezahmund sesshaft.DieVölkerimAbendlandatmetenauf.DieHeiligenlegendeerzählt,mit seinemGebethabederAugsburgerBischofUlrichzumSiegaufdemLechfeld mindestensgenausovielbeigetragenwieOttoI.mitseinenKriegern.Obdas stimmt?“Rudolf Neumeier in der SZ vom 5. 8. 2013NachneuenForschungenistdieOrtsangabeLechfeldimSüdenvonAugsburgumstritten, das Blut spritzte eher im Westen und im Nordwesten von Augsburg.
Chorfresko von 1744 „Schlacht gegen die Ungarn“ (10. August 955), Bischof Ulrich auf dem Schimmel, die Hilfe von oben erflehend,KaiserOttomitder„HeiligenLanze“inderRechten.SieistdasältesteStückder ReichskleinodienderHerrscherdesHeiligenRömischenReiches.Sieenthält angeblicheinStückeinesNagelsvomKreuzChristi.DieLanzesolldemrömischen Hauptmanns Longinus gehört haben, der mit ihr den Tod Jesu überprüfte.
Altarblatt am südlichen Seitenaltar - Balthasar Riepp zugeschriebenTriumpf und Glorie der Immaculata (1745/1740?)( Krönung Marias durch die dreifaltige Gottheit, umgeben von Herrschern, Aposteln und Heiligen)
Christoph Schmid war eindreiviertel Jahre Kaplan bei Michael Feneberg in Seeg. Seine erste Taufhandlung war am 10. März 1795, seine letzte am 9. Dezember 1796.ErbeschreibtdieAltarblätter.EinRätselistmir,dasserdenHauptaltarsobeschreibt,als obderrechteSeitenaltardamalsdasAltarblattdesHauptaltarswarunddasAltarblattes Hauptaltars sich am rechten Seitenaltar befand. „DieKirchezuSeegistsogroß,alsfüreinePfarreivonmehrals2000Seelennöthigistundauch sehrschön.DiedreiAltarblätter,aufderenLehrreichesSailer,alseramKirchweihfesteda predigte,aufmerksammachte,sinddadurchdenPfarrangehörigennochmerkwürdigergeworden. AufdemSeitenaltarerechtszeigtMariaihrgöttlichesKind,denzuunseremHeileMensch gewordenenSohnGottes,undweiteruntenerblicktmandenheiligenUlrich,derseinBisthum AugsburgundauchdiePfarreiSeegdemoberstenHirtenJesusChristusempfiehltundihmdie HerzenallerdahingehörigenChristenübergibt.AufdemandernSeitenaltarelinkserblicktman JesusChristus,wieervonJohannesgetauftundzuseinemheiligenBerufe,dieMenschenzu lehrenundseligzumachen,eingeweihtwirdundwiederHimmelsichüberihmaufthat,vondem dieStimmederVaterserscholl:"DieseristmeingeliebterSohn."AufdemHochaltareerscheint JesusChristusinderHerrlichkeitdesHimmelsvonseinenApostelnundHeiligenund VölkernausallenJahrhundertenundHimmelsstrichenumgeben,eineHerrlichkeit,zuder auchwirbestimmtsind.AufdemChoraltaresindnochvierEngelvonschönerBildhauerarbeit mitKreuz,AnkerundzweiRauchfässern,dieaufGlaube,Hoffnung,GlutderLiebeund Weihrauch des Gebethes hindeuten.“In den Erinnerungen aus meinem Leben (Bd. 3 Berufsleben hrsg. von Albert Werfer 1855)schreibt Christoph von Schmid ausführlich über seine Kaplanzeit in Seeg.
9EXSULTATE, JUBILATE !1770,alsJohannBaptistEnderleseinHauptfreskovollendete,warer amGipfelpunktseinerMeisterschaftangelangt.SeineschwungvollenEngeldarstellungengebendavonZeugnis.Deshalbempfehleich Ihnen,sichdiesehimmlischenWeseninderSeegerKirchezuGemüte zu führen. 1773,alsokurzeZeitdanachkomponierteder17-jährigeMozartsein "Exsultate,jubilate",sein"Jauchzet,jubelt".DieseMusikunddieser Raum,dieserTextunddieSeegerEngelkönnenalseineEinheit empfunden werden, die den Himmel ein Stück weit öffnen können.Jauchzet, jubelt,o ihr glücklichen Seelen,singt süße Lieder;eurem Lied antwortendsollen die Himmel Psalmen mit mir singen.Es leuchtet der freundliche Tag, schon fliehen Wolken und Stürme;Den Gerechten ist unerwartete Ruhe gekommen.Überall regierte die dunkle Nacht; erhebt euch endlich voll Freude, die ihr euch bis jetzt gefürchtet habt,und freudig überreicht der glücklichen Morgenröte mit vollen Händen Blütenzweige und Lilien.Du, Krone der Jungfrauen,du, gib uns Frieden,du, stille die Leidenschaften,unten denen das Herz seufzt.
MOZART UND SEEGAlsJ.B.Enderle1770seinHauptfreskovollendete,warMozartgerade14Jahrealt.1769reistenVaterLeopoldund seinSohnnachItalien.EswareinePilgerfahrtzudenQuellenderMusik.AuchdiesüddeutschenMalerdes RokokoließensichvonItalieninspirieren.SoistunverkennbarderEinflussvonGiovanniBattistaTiepolo(er wurde1696geborenundstarbimJahrderVollendungdesFreskosinSeegimJahre1770)ausdenSeegerFresken zuspüren.TiepolowarwohlderbedeutendsteMalerdesRokokoundEnderlesSeegerWerkeseheichauchals eine Hommage an Tiepolo.ManschauesichnurdiechangierendenGewänderan.NachweislichhatsichEnderlesLehrerFranzMartinKuen in Venedig und Rom aufgehalten und Skizzen und Zeichnungen von Tiepolo mit nach Hause gebracht. ItalienwardasTraumlandderKünstler,obMaleroderMusiker.MozartwirdinItalien15Monatebleibenund seineEntwicklungwirdvondenitalienischenMeisternwesentlichbeeinflusst.DasOsterfest1770verbringterin RomundPapstClemensXIV.überreichtihmdenOrdenvomGoldenenSporn.Am26.12.1770wirdseineerste Operaseria"Mitridate,rediePonto"(WiekonnteeinVierzehnjähigersolchevielfältigenGefühleineiner großartigen Musik ausdrücken?) in Mailand mit großem Erfolg uraufgeführt. Zehn Tage vor diesem Ereignis wird in Bonn Ludwig van Beethoven geboren.Aber wussten Sie, dass Mozart eine recht enge Beziehung zu Seeg aufweist?GenovevaWeberwurdeam2.1.1764inMarktoberdorfalsTochterdesfürstbischöflichenHofschreinersMarkus Brennergeboren[derweltlicheundgeistlicheFürstClemensWenzeslaushatteseineSommerresidenzin Marktoberdorf-damalsOberdorf].SeineSpurenlassensichbisindenWeilerDederlesbeiSeegzurückverfolgen (GeorgBRENNER,geborenum1620inDederles).Genovefaheiratetemit21Jahrenam20.8.1785denausFreiburg stammenden52jährigenTheaterimpresarioFranzAntonvonWeber.SeinBruderFridolinWeber(d.Ä.)warder VatervonWolfgangAmadeusMozartsFrauConstanze.GenovefaBrennerwurdedurchdieseHeiratalsoeine angeheiratete Tante von Wolfgang Amadeus Mozart.1786wurdeinEutinderersteSohnGenovefas,derKomponistdesFreischützCarlMariavonWeber(1786-1826) geboren.BaldnachderGeburtvonCarlMariazogGenovefaWeber1787mitihremMannnachHamburg,woer eineWandertheater-KompagniegründeteundindieserUmgebungihrenSohnCarlMariaaufzog.SiegastiertemitihremEnsembleum1794auchinWeimarbeiGoethe.Siestarbmit34Jahren1798,anSchwindsucht.Sieist zusammenmitLeopoldMozartundConstanzeMozartaufdemFriedhofvonSt.SebastianinSalzburgim Familiengrab beigesetzt.MozartwareinheiteresGenieundpasstauchdeshalbsogutindieheitere AusstrahlungderSeegerKirche. Alfred Einstein beschreibt ihn in "Mozart - Sein Charakter - sein Werk" so:"MozarthatbeiseinenBriefenansein Augsburger"Bäsle"nichtandieEwigkeitgedacht.ErhattebiszuseinemLebensende LustanWortverdrehungen,kindischenSpitznamen,drolligemUnsinn,lustigerUnfläterei-"einZugsüddeutscher Heiterkeit,denmannördlichdesMainsniemalsverstandundniemalsverstehenwird....ErwareinKindskopfundbliebes, weilKindsköpfigkeitfüreinenSchöpfer,zurEntspannungundzurVerheimlichungseinestieferenIchs,manchmalnotwendig ist.....EinDramatikerwieMozartmußunterMenschengehen,undummitMenschenauszukommen,bedarfesdesHumors, derwitzigenAbwehr,undmanchmalnochgröbererMittel.ManwirdsichabfindenmüssenmitderTatsache,daßauch MozarteinMenschwar'mitseinemWiderspruch'unddaßerbeiallerSchärfederBeobachtungvonMenschenund Verhältnissen,beiallerEinsichtindenKern,indasWesenvonCharakterenundDingen,mitderWeltniefertiggeworden ist."
10Was ist Wahrheit? Woliegtsieverborgen?IstesunserLos,dasswirsieindieserWeltin ihrer vollen Klarheit nie erfassen werden .DerSeegerKreuzwegvonJohannBaptistEnderleistein eindrucksvollesAngebotzuversuchen,derverborgenenWahrheitein Stücknäherzukommen.WieineinemKnotensinddreiFäden unseresSeins,daswaswirtunundlassen,daswaswirempfinden unddaswaswirdenkeninunszusammengebunden.DerKnoten erscheint nicht durchschaubar, nicht auflösbar.DieKreuzwegstationensindinfünfDreiergruppenzusammengefasst, so dass sich fünfzehn Stationen ergeben. AndererstenGruppe,beimrechtenSeitenaltar,läßtsichdiefragen wieEmpfinden,DenkenundTuninunseremDaseinunauflöslich verbundensind.DiedargestelltenStationensind,Jesuswirdzum Tode verurteilt, er nimmt das Kreuz auf sich, er fällt das erste mal. VerurteilenDenkendfragenwirwasistrichtig,wasistfalsch. AuchJesusstelltvor Pilatus die Frage: Was ist Wahrheit?WiekönnenwirdieseFragebeantworten?Wir,diewirerkennen können,dasswirnureinwinzigesStaubkörnchen,einevergängliche GestaltimUniversumsind,wirwollenwissen,waszeit-undraumlos wahrist?HatnichtunsereVermessenheit,dieWahrheiteindeutigzu wissenundderGlaube,diesemitallenMittelndurchsetzenzu müssen,unsschuldigwerdenlassenfürgeschehenesgroßesLeid? Pilatus schickt Jesus mit einer abweisenden Geste in den Tod. AufsichnehmenWasempfindenwir,wennunsLeidzugefügtwird,wennwir bloßgestellt,wennwirerniedrigtwerden?Wieveränderndiese ErfahrungenunserDenken,wiewirddarausunserHandelngeleitet? JesushatdenWegdesGeschehenlassensgewählt.Wardamitaber nichteinumsomachtvolleresheilsgeschichtlichesHandeln verbunden,nichteineunvergleichlichgrößereWirkungerreicht?PilatuswuschsichseineHändeinUnschuld.DieAngst,Unrechtes getanzuhaben,brenntsichaberinunseremEmpfindenfest. Auchwir suchenjaoftnachGründenumunserevermeintlicheWahrheitzu rechtfertigen.Fallen WieschnellverratenwirunsereGrundsätze,wenndasuns Aufgeladeneunszuerdrückendroht,wieschnellschauenwirweg, wennanderenUnrechtgeschieht.AuchwennwiresalsUnrecht empfinden,sagtunserDenken:"Waskannichbloßmachen,ichkann dochehnichtsausrichten!"HatunserEmpfindeninder schnelllebigenMediengesellschaftüberhauptnocheineChancefür tieferesEmpfinden,daszumHandelnführt?Heute,Tagesschau,eine KatastropheverwischtdieandereunddanndieFußballergebnisse undderneuestenKlatsch.Wasistwichtig,wasistwahr,werkannuns helfen im Knoten des Seins, diese Fragen auflösen?WashatdasallesmitderdarstelltenGeschichte,dievor2000Jahren geschah, zu tun?IchmöchteSiedazuanregen,denWegbiszur15.Stationzugehen undindenDreiergruppenüberdieVerknotungvonEmpfinden, Denken,TunundLasseninunszumeditieren.Sokannunsdiese GeschichteauchheutenocheinenMenschensohn/Gottessohnzeigen der uns nahe ist.
„Ich sehe dich o Jesu schweigen, da dich die Weltverdammt zum Tod. Ach laß dich zumErbarmen neigen, wenn du alsRichter kommsto Gott.“
Die Fußwaschung ist für Jesus Teil eines größeren Ganzen (pars pro toto), nämlich für die Erfüllung seines Gebotes, dass wir einander uns lieben sollen, wie er uns geliebt hat.
11Der Klang des RaumesSchauenSievomMittelgangaufdieOrgelempore.IneinemaltenText deschinesischenKaufmanns,PolitikersundPhilosophenLüBuWei, derca.300-235vorChristuslebte,wirdausgedrückt,dassdas, worausalleWesenentstandensind,dasgroßeEineistunddassdas, wassichinderZweiheitvonLichtemundDunklemzueiner körperlichenGestalt,zueinerForm,zueinemRaumentfaltethat klingt.DerTonentstehtausderHarmonie.DieHarmonieentstehtaus derÜbereinstimmung.DieMusikberuhtaufderHarmoniezwischen Himmel und Erde. KannmanschönerdasRaumgefügederSeegerKirchebeschreiben. DerKlangdesRaumes,einDreiklangseinerElemente,wird augenfälligbeimBetrachtendesdreigegliedertenRaumes,indessen MittedieKlangquellesteht.DieBauzeitderKirchewardieZeiteines JosephHaydn(1732-1809),einesWolfgang AmadeusMozart(1756- 1791).UndkannnichtleichtbeimHörenihrerWerke,der Rokokoraummitgehörtwerden,jaöffnetdieserRaummitdieser Musik nicht das Tor zu einer immerwährenden Klang.KönnensonichtdieKünsteden"HimmelbessrerZeiten"mir erschließen,wieesineinemSchubertLiedsoausdruckvollanklingtundindemdieletzteZeilelautet"duholdeKunst,ichdankedir dafür!"EinedankbareErinnerungfürdenVermittlerdergöttlichen GeistesmittelsdesGeistesderMusikwirdimmittlerenFreskodurch dasNotenblattmitderÜberschrift"AloisMeisburger1980" ausgesprochen."HeildemTage,derunsreTagekrönt",diesenText vertonte der Pfarrer mit dem tönenden Herzen.
12Alles ist EinesWasistindiesemRaumnochMaterie,wasschonGeist.Siefallen zusammenindieserSymphoniederElemente.ImSternenkranz spiegelnsichdieunendlichenMöglichkeitenwiederundlassenRaum undZeitverschwinden.ImmerwiederfindenwirinderKirche Strahlen-undSternenkränze.Diesestrahlenunsentgegen.Alle Bewegungen,dieausdenWidersprüchenunseresDaseinsgeboren wurden,könnenindiesemAbbilddesschattenlosenGeheimnisses ihreRuhefinden.UnserebohrendenFragenundunzureichenden Antworten treffen und versöhnen sich in einem erfüllten Schweigen. WasbleibtunsmehralszuStaunen,aberdamitbeginnt,wasunsder zuunsgeöffnete,wunderbareRaumunssehen,hörenundempfinden lässt.
„DieVerbindungzwischendemIchundseinemGlaubenstehtunterdenBedingungendes Bewusstseins,dessenletzterRest,sovielwirwissen,aufetwasberuht,dasselbstnocheinsich entgleitendesIchmitetwasverbindet,dasesselbstnichtist.DieseVerbindungist,solangesiebesteht, einedesWissens.SiewirderstimVerlöschendesBewusstseinsunterbrochenundendetmitdemTod. DerTodlässtsichdurchkeinWissenüberbrücken.WohlaberkannderGlaubenmitseinersinnlichen VorstellungskraftüberihnhinwegzugehensuchenunddabeivonderZuversichtgetragensein,dasses eineüberdenTodhinausgehende»Erlösung«gibt....WerdasLebenerfahrenhat,demfälltesnicht schwer,denTodselbstals«Erlösung«zusehen.Weraberbedenkt,wiesehrallesbewussteLeben, insonderheitdaseinerPerson,überdaseigeneDaseinhinauszugehensucht,derwirddieVorstellung derUnsterblichkeitnichtunverständlichfinden.SiekannzueinemVerhaltenmotivieren,dassichals wahrhaftuniversellversteht;siekannLeistungenstimulieren,mitdenenjemandübersich hinauswirken möchte, und vermag schließlich auch für die Hinterbliebenen tröstlich zü sein.Volker Gerhardt - Glauben und Wissen - Ein notwendiger ZusammenhangReclams Universal-Bibliothek 2016, S. 15/16
EPILOGNehmen Sie den Raum in Ihrem Herzen mit,eristeinGeschenk,dassIhnenohneeineVerpflichtung,einfachso,gegebenwird.EsisteineKostbarkeit,diesiesichimmerwieder schenkenkönnenundsiewerdenerleben,dasssieimmerwertvoller wird.VerabschiedenmöchteichmichvonIhnenmitmeinem Lieblingsengel,dersieeinlädtwiederundwiederdenKlangdes RaumesimZusammenklangseinerElementezuerleben.DieseRaumsymphonieisteinunerschöpflichesEreignisaufunserem Erdenrund. BevorsiedieKircheverlassen,gönnensiesichnocheinenRundgang. VersuchensieabernichtallesGedachtenochmalszuwiederholen, sonderndieGedankenaufsichberuhenzulassen,ruhensievonihren Gedankenaus.SpürenSiesichselbstbeimGehenindieser Raumgestalt.Siewerdenerfahren,dasszwischenIhnenunddiesemRaumeine VerbindungentstandenistunddassdieKostbarkeitdieserStunde unddiesesOrtesinnichtvorhersehbarerArtundWeiseinihnen weiterwirkt.UndsogareinigeihrerSorgenfaltenkönntensich verflüchtigt haben. Die beiden Engel mögen sie begleiten.
Christoph von Schmid war eindreiviertel Jahre Kaplan bei Michael Feneberg in Seeg. SeineersteTaufhandlungwaram10.März1795,seineletzteam9.Dezember 1796.IndenErinnerungenausmeinemLeben(Bd.3Berufslebenhrsg.vonAlbert Werfer1855)schreibtChristophvonSchmidausführlichüberseineKaplanzeitin Seeg.Der Text ist im Folgenden in Originalschreibweise wiedergegeben. Seite 101DieKirchezuSeegistsogroß,alsfüreinePfarreivonmehrals2000Seelennöthigist undauchsehrschön.DiedreiAltarblätter,aufderenLehrreichesSailer,alseram Kirchweihfestedapredigte,aufmerksammachte,sinddadurchdenPfarrangehörigennoch merkwürdigergeworden. AufdemSeitenaltarerechtszeigtMariaihrgöttlichesKind,den zuunseremHeileMenschgewordenenSohnGottes,undweiteruntenerblicktmanden heiligenUlrich,derseinBisthumAugsburgundauchdiePfarreiSeegdemobersten HirtenJesusChristusempfiehltundihmdieHerzenallerdahingehörigenChristen übergibt. Auf dem andern Seitenaltare links erblickt man Jesus Christus, wie er vonSeite 102JohannesgetauftundzuseinemheiligenBerufe,dieMenschenzulehrenundseligzu machen,eingeweihtwirdundwiederHimmelsichüberihmaufthat,vondemdieStimme derVaterserscholl:"DieseristmeingeliebterSohn."AufdemHochaltareerscheintJesus ChristusinderHerrlichkeitdesHimmelsvonseinenApostelnundHeiligenundVölkern ausallenJahrhundertenundHimmelsstrichenumgeben,eineHerrlichkeit,zuderauch wir bestimmt sind.AufdemChoraltaresindnochvierEngelvonschönerBildhauerarbeitmit Kreuz,AnkerundzweiRauchfässern,dieaufGlaube,Hoffnung,Glutder Liebe und Weihrauch des Gebethes hindeuten.AnschönenFrühlingstagenz.B.erinnertenwirdaran,daßJesusChristusunsauffordere, aufdieVögelunterdemHimmelzublicken,diederhimmlischeVaterernähreundaufdie BlumendesFeldes,dieErschönerschmückealsSalamogekleidetwarinallerseiner Pracht.ZurZeitderAerndte,wennnachlangemRegendieSonnewiederhellundwarm schien,oderwennnachlangerDürreeinmilderRegendieFeldererfrischte,[so]machten dieWorteJesu,derhimmlischeVaterlasseseineSonnescheinen,Erlasseregnen,einen besonderserfreulichenundtröstlichenEindruckaufdieLandleute.DiekurzenAnreden durftenabernebstderMessenichtlängerwähren,alseinehalbeStunde,damitdieLeute nichtvonihrerArbeitabgehaltenwürden.IndessenmerktensiesichdiewenigenWorte besser als eine lange predigt.
Deckenfresko des Langhauses von Johann Baptist EnderleMariasHauptträgtdieKronederHimmelskönigin,dasZepterwirdihrvomEngel gereicht.Sieistumkränztmit12Sternen.Inder"OffenbarungdesJohannes"heißtes: "DannerschieneingroßesZeichenamHimmel:eineFraumitderSonnebekleidet;der MondwarunterihrenFüßenundeinKranzvonzwölfSternenaufihremHaupt"(12,1). DieZwölfzahlderSterneistHinweisaufdiezwölfStämmeIsraels(Genesis37,9)und somitaufdasVolkGottes.Diegenannte"Frau"wurdemitMariagleichgesetzt,dasie später in der Offenbarung als Frau erwähnt wird, die den Messias gebären wird. DieZahl"Zwölf"hatteschonimmerfürdieMenscheneinebesondereBedeutung.Zwölf goldeneSterneaufdunkelblauemGrundwurdenauchdasSymbolfürEuropa.Sieistdas Produktvon"drei"und"vier"ist.DieDreizahlstehtdabeifürdieDreifaltigkeitGottesin Vater,SohnundGeist,unddie"Vier"symbolisiertdieHimmelsrichtungenNorden, Süden,OstenundWesten."Zwölf"istdanndieVereinigungdesGöttlichenmitdem WeltlichenundfindetinMariaalsMittlerinzwischenGottundWeltaufdemFresko ihrensinnfälligenAusdruck.MariablicktaufzuChristusundzeigtmitihrerrechten HandaufihrHerz.DielinkeHandweistnachuntenaufdieErdeundzumPuttomitdem BlitzstrahlinderHand,derindasGeschehenbeiderSeeschlachtvonLepantoeingreift. MariaslinkerFußhältdienachuntengerichteteMondsichelfest,einSymbol,dasbereits derägyptischenHimmelsköniginIsiszugeordnetwar.ImZusammenhangmitMariaist dieLilie,diederEngelihrentgegenstreckteinSymbolderJungfräulichkeit,dasauchder ErzengelGabrielbeiderVerkündigunginderHandhält.DieSymbolesindvonChristus herzudeuten.Wennz.B.vonMariaalsMorgensterngesprochenwird,dannsagtdies, dasssiealsMuttervorihremSohnwar.DerMorgensternistzusehen,bevordieSonne aufgeht.BeiderBezeichnungMaienköniginwirdMariamitdemFrühlinginVerbindung gebracht.MariaistmiteinemblauenMantelumkleidet.BlauwirdimAltenundNeuenTestament, wieauchderblaueSteinSaphir,mitdemHimmel,aberauchalsFarbedesMeeresmit WeiteundTiefeverbunden.DieFarbeBlauverknüpftwieMariaGöttlichesmit Irdischem.
Altarbild von Johann Baptist Enderle (1787) Maria als Himmelskönigin mit einem fröhlichen Jesuskind.St. Ulrich, barhäutig, bittet für die Seeger Bürger.Die Mitra haben die Engel ihm abgenommen.
MarienlebenMaria mit dem KindeMaria als „tota pulchra“, der ganz und gar SchönenMaria Immaculata, als apokalyptische Frau Vom Schmerz gezeichneten Maria vom Siege, die Siegreiche, Erhöhte Sie steht auf der Mondsichel, trägt einen Sternenkranz rund um ihr Haupt und ist von der Sonne umgeben,häufigsiegtsieüberDracheoderSchlange,überSündeundHäresie.DasZertretenderSchlangeverweistaufdenSündenfall.Maria erscheint als neue Eva, die den Erlöser Jesus Christus zur Welt bringt. EVA wurde zum AVE (Maria).
MARIENDARSTELLUNGEN
"WasheuteamchristlichenGlaubeninteressiert,istErfahrunganstellevondogmatischerBelehrung, PoesieanstellerichtigerBegriffe.UnübertrefflichesBeispielfüreinenErfahrungswegistdasjunge MädchenMaria.Eswäreunredlich,MariaalsgeistigesEigentumdesKatholizismuszuverstehen. MartinLutherwar,wasvielenichtwissen,einVerehrerMariens.BeiderBeschäftigungmitMaria bekommenGefühleRaum,Trauer,Sehnsucht,Poesie-Bereiche,dieimprotestantischenGlaubenlange ausgeklammertundverdächtigtwordensind.FürHildegundeWöllerkannMariazumInbegriffder WürdeundSchönheitdesMenschenwerden.GemeinsammitdemFlötistenHans-JürgenHufeisen,der traditionelle Marienlieder bearbeitet hat, will sie einen neuen Blick auf Maria werfen."Aus dem Ankündigungstext einer Sendung des Bayerischen Rundfunks (3. 2. 2008)