HAUPTALTAR Gnadenstuhl Die vier Evangelisten
linker Seitenflügel Taufe Jesu Rückseite: Hl. Sigismund
rechter Seitenflügel Krönung Marias Rückseite: Hl. Bartholomäus mit dem Stifter Herzog Sigismund
nördlicher Seitenaltar Weltenherrscher mit dem Volk Gottes Allerheiligen
südlicher Seitenaltar Verkündigung Heilige Sippe
DIE RAUMGESTALT
Herzog Albrecht III. (1401-1460 „der Fromme“) erwirbt vom Kloster Wessobrunn (1441) 17 von 23 Anwesen in Menzing, das Holz („genant der Laym“) und das Fischrecht der Würm. Er war in erster Ehe mit Agnes Bernauer verheiratet, die auf Befehl seine Vaters Ernst in der Donau (Straubing) ertränkt wurde (1435). Albrechts Sohn Sigismund verzichtete auf die Mitregentschaft mit seinem Bruder Albrecht IV. und zieht sich auf seine Besitzungen (Dachau, Nannhofen, Starnberg, Grünwald) und sein Lieblingsschloß Menzing zurück. Er läßt 1488-97 die Schloßkapelle Blutenburg erbauen. Er lebt mit Margarete Pfäffendorferin in einer nicht hoffähigen Verbindung zusammen (zwei Söhne, eine Tochter) und stirbt 1501, 62 jährig. Die „Bilderwelt im Kirchenraum vergegenwärtigt himmlische und weltliche Herrschaft als komplementär: Im Gnadenstuhl des Hochaltars erscheint Gottvater mit der Kaiserkrone unter einem Baldachin mit weiß-blau gerauteten Stangen; im linken Nebenaltar (mit dem Patrozinium Allerheiligen) tritt Christus als König unter das Volk der Heiligen, im rechten empfängt Maria als "Regina Coelorum" die Botschaft der Verkündigung. An den Gewölbeanfängern stehen die Apostel als Säulen der Kirche neben den Konsolen mit Wappen der verschwägerten Familien, in den Fenstern sind Szenen aus dem Marienleben, wiederum vergesellschaftet mit Wappen wittelsbachischer Ahnen und Allianzen, zu sehen. Die politische Aussagefähigkeit spätmittelalterlicher Kunst wird im Blutenburger Ensemble in seltener Weise deutlich.“ QUELLE: Johannes Erichsen, Blutenburg, München-Obermenzing, publiziert am 24.10.2013; in: Historisches Lexikon Bayerns, URL: <http://www.historisches-lexikon- bayerns.de/Lexikon/Blutenburg,_München-Obermenzing> (12.01.2020)
Herzog Sigismund (Jan Polack zugeschrieben 1480) mit einem nachsinnenden Gesichtsausdruck.
Im Deckenzentrum das Motiv der Dreifaltigkeit: Gottvater mit Christus auf dem Schoß und hervorgehoben in einem eigenen Kreis Gottes Geist in einer auf uns zukommender Taube.
DER STIFTER
Jan Polack hat seine Werke nicht signiert. Die Forschung konnte ihm aber inzwischen etwa 90 erhaltene Werke zuordnen. Einziges auch urkundlich gesichertes Werk ist das Hochaltarretabel von Weihenstephan. Die Blutenburger Tafeln wurden irrtümlich dem Hofmaler von Herzog Sigismund, Hans Olmendorfer, zugeschrieben. So steht es auch noch im Führer „München für Einheimische und Fremde“ aus dem Jahre 1922 (Verlag Kösel & Pustet, Kempten). Über die Herkunft Jan Polacks und sein Leben vor dem Jahr 1482, wo er erstmals archivarisch erwähnt wird, ist nichts bekannt. Sein Geburtsjahr wird zwischen 1445 und 1450 vermutet, die Herkunft aus Polen wird aus seinen Namen und aus stilistischen Parallelen von Tafeln in Krakau abgeleitet. Doch der Name Polack war zu dieser Zeit in Bayern bereits geläufig. Da die Steuerbücher der Stadt München von 1462-1482 nicht mehr vorhanden sind, können keine Nachweise über ein eine mögliche Lehrzeit, die Namen seiner Meister oder seine Aufnahme in die Münchner Zunft der Maler, Bildschnitzer, Glaser und Seidensticker geführt werden. Umstritten ist, ob die 1479 ausgeführten Fresken im Chor von St. Wolfgang in Pipping seine erste Arbeit in München waren und ob sie aus seiner Hand stammen.
JAN POLACK
BUEN RETIRO Ort der Ruhe und Entspannung, Zufluchtsort, Rückzugsort
DIE ALTARTAFELN VON JAN POLACK UND AUS SEINER WERKSTATT
Jan Polack und seine Werkstatt fertigten die Altartafeln in der Blutenburger Schloßkapelle im Auftrag von Herzog Sigismund in den 1490er Jahren. In seiner „Privatkapelle“ konnte der Herzog ein Raumkonzept nach seinen Vorstellungen verwirklichen. Themen der Altartafeln sind die Darstellung der Dreifaltigkeit in Form des Gnadenstuhls, die Taufe Jesu, die Krönung Marias durch die Dreifaltigkeit, Christus als Weltenherrscher und die Verkündigung durch den Engel Gabriel.
Im unteren Teil des Hochaltargemäldes meine ich die Jahreszahl 1492 erkennen zu können! Die halbe Acht bezeichnet die Vier.
Der Gnadenstuhl über dem Eingang, dargestellt ebenfalls wie am Hauptaltar in Form einer Pietà.
Darstellung der Trinität (Dreifaltigkeit) - Gnadenstuhl Gottvater hält den toten, vom Kreuz abgenommenen Christus in beiden Händen (Fronleichnams- Christus, Darstellung des heiligsten Leibes und Blutes Christi), während die Taube als Symbol des Heiligen Geistes auf seiner Schulter sitzt. Der Messkanon beginnt mit der Bitte an Gottvater, das im Gottesdienst dargebrachte Opfer eingedenk des Christusopfers anzunehmen. Gottvater empfängt den Leib des Sohnes und reicht ihn den Menschen wieder dar. Während der Verbreitung der christlichen Mystik entstand eine Abwandlung des Gnadenstuhls. Gottvater hält wie in der Blutenburger Schloßkapelle den Leichnam des Sohnes auf seinem Schoß, wodurch im Sinne der Mystik auch die Trauer des Vaters ausgedrückt wird. Die Darstellung wird auch als „Not Gottes“ und „Erbärmdebild“ bezeichnet.
Mir stellt sich die Frage, wie die Besucher der Kapelle das Dargestellte in unserer Zeit interpretieren, wie sie es empfinden, was sie sehen, was sie davon mitnehmen? Wer kann mit der Darstellung von Gott Vater als Herrscher in königlichen Gewändern und Rauschebart noch etwas anfangen? Eher beeindruckt der geschundene Körper von Jesus, der von einem ratlosen Gottvater gezeigt wird. Er weist auf Matthias Grünewald voraus (* um 1480; um 1530) und die Renaissance voraus. Auf der rechten Schulter von Gottvater sitzt eine weiße, liebliche Taube, die in diesem Heil- und Unheilsgeschehen als Symbol für den Heiligen Geist fast unbeteiligt wirkt. Nikolaus von Kues (1401-1464) beschreibt die Trinität so: „Weil sein Wesen dreieinig ist, und deshalb es hier keine drei Wesenheiten gibt, ist es höchst einfach. Die Vielfalt von diesen dreien ist beides: vielfältig und einmalig, und ihre Einheit ist beides: Einmalig und vielfältig.“ In der Hauptaltartafel ist die dreifache Entfaltung betont, der Bezug zur Dreieinigkeit in den Hintergrund gestellt. Deutlicher wird die Dreieinigkeit durch die Darstellung von drei Personen in der Darstellung der Krönung von Maria durch drei königlich gekleidete Personen am rechten Seitenflügel. Die Einheitlichkeit wird durch den Goldhintergrund und durch die Flügel der unteren Engel hergestellt. Sie bilden ein himmlischen Gefährt. Die oberen Engel ergänzen die bindende Symmetrie.
DREIFALTIGKEIT - DREIEINIGKEIT
Eigene Collage unter Verwendung eines Renaissance-Gemäldes von Jeronimo Cosida und eines Bildes von TAM
ALBERT KELLER ÜBER DIE TRINITÄT "Wer sagt, Gott sei Person oder existiere in dreifacher Grundgestalt, er sei die Liebe oder allmächtig, oder wer von seinem Willen und Wirken redet, müsste stets hinzusetzen: 'So ähnlich ist Gott, jedoch zugleich ganz anders, nämlich unvergleichlich viel besser.' " "Nicht einmal ein Mensch ist in Sätze einzufangen, geschweige Gott, Wir können zwar redend auf Gott zielen, in seine Richtung weisen, aber ihn weder in Worte fassen noch in Bildern darstellen. Doch ohne über Gott zu denken und zu reden, finde ich keinen Zugang zu ihm und kann ihn erst recht anderen nicht erschließen." Das Christentum setzt sich "mit der Rede von dem einen Gott in drei Personen nicht selten dem Vorwurf aus, dadurch werde der Glaube an einen einzigen Gott aufgegeben. . . . Für den Dialog zwischen den Religionen ist es deshalb unerlässlich . . . zu zeigen, dass sie mit der Überzeugung von der Einzigkeit Gottes nicht nur vereinbar ist," sondern das Verständnis Gottes näher bringt als andere Ansätze. "Wenn ein Christ . . . nicht weiß, an wen er da glaubt, ist von einem Atheisten noch weniger zu erwarten, dass er sich überlegt wen er da leugnet. Er bezieht das Gottesbild, das er verwirft, doch meist von Glaubenden, die daher den Unglauben der Atheisten fördern durch die Gottesvorstellung, die sie ihnen anbieten." Albert Keller SJ (* 1932 in Nieder-Roden; † 2010 in München) - Theologe und Philosoph
Trinitätsdarstellung in der Dreifaltigkeitskirche der Altstadt. Eine weitere Kirche, die der „Dreifaltigkeit“ gewidmet ist, befindet sich im Kloster der Congregatio Jesu (Englische Fräulein) an der Maria-Ward-Straße in Nymphenburg.
EINZIGER GEIST
Abgrund ruft nach Abgrund - Unermeßliches ruft nach Unermeßlichem
Darstellung der Dreifaltigkeit am rechten Seitenflügel als drei gekrönte und gleich gekleidete Herrscherfiguren, die zusammen die Krönung Marias zelebrieren. Die dreigesichtige Darstellung in einem Kopf und als Figur mit drei Köpfen und zwei Armen wurde später verboten. Hier in Blutenburg treffen sich je eine Hand der drei Gestalten im Nimbus um Maria die Krone aufzusetzen. Der Blick des mittleren Herrschers ist nach außen gerichtet. Die rechte Figur blick auf Maria, während die linke in sich versunken ist.
Die dreifaltige Offenbarung in der Darstellung der Tauf Jesu: - Gottvater, der Herrscher, ohne Krone auf Wolkend mit drei Engel schwebend - Der vermittelnde Geist im Symbol der Taube - Jesus der von Johannes gesegnet wird, den Blick zu uns gerichtet
DIE SEITENTAFELN DES HAUPTALTARS
PREDELLA des nördlichen Seitenaltars z.B. Christophorus mit Jesus auf der Schulter, Barbara mit dem Kelch, Nikolaus mit den drei goldenen Kugeln
Auf dem Tisch Marias sind neben der Schreibfeder Kirschen dargestellt. Der Kirschbaum treibt seine Blüten vor den Blättern und ist ein Sinnbild für den nackt in die Welt geborenen Menschen und für Kraft und Fruchtbarkeit. In tiroler Sagen wird erzählt, dass die Mutter Gottes gerne im Kirschbaum sitze und Kirschen sich in Gold verwandeln können. Die Kirschblüten sind Symbole für Reinheit, Schönheit und bräutliches Glück. Die im Dezember am Barbaratag abgeschnittenen Kirschzweige blühen an Weihnachten.
Ecce ancilla Domini. Fiat mihi secundum verbum tuum. Siehe, ich bin die Magd des Herrn; mir geschehe nach deinem Wort. (Lk 1,38)
Maiglöckchen Es ist Symbol für die jungfräuliche Empfängnis, für die Inkarnation, für Mariae Himmelfahrt und für die Demut und Bescheidenheit Mariae. Das Blühen der lieblichen weißen Blüten im Frühling wird darüber hinaus als Symbol für die Ankunft Christi gewertet.
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